7. Netzwerkveranstaltung der Zukunftsmacher MV

Mittwoch, 1. Juni 2016
"Auf Augenhöhe in die Zukunft"

Film & Dialog: Auf Augenhöhe in die Zukunft

Entwicklungsspielräume entdecken. Als attraktives Unternehmen sichtbar werden.

 

Auf Augenhöhe in die Zukunft – Ein Titel der zwei pulsierende Themen beinhaltet. Augenhöhe und Zukunft. Pulsierend, weil neu und unbekannt.

Was Heute ist, das wissen wir. Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht.

Wenn wir im Unternehmen alle Bereiche und Mitarbeitenden kontrollieren, alles Bestimmen und von Oben herab festlegen, wissen wir genau, was in unserem Unternehmen los ist. Zumindest können wir uns einreden es zu wissen.

Wenn wir aber los lassen, vertrauen, Verantwortung abgeben, zutrauen, uns auf Augenhöhe begeben mit den Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten…Ja was ist dann? Können wir dann wissen was los ist?  Geht es im Unternehmen dann überhaupt noch in die Richtung, die wir uns wünschen? Können wir den Qualitätsanspruch der Kunden dann überhaupt halten? Haben wir dann noch die Kontrolle? Müssen wir die Kontrolle überhaupt haben?

Diese kontroversen und spannenden Fragen stellt der Dokumentarfilm „Augenhöhe“ zur Diskussion.

Die Zukunftsmacher MV gehen selbst schon seit Jahren unkonventionelle Wege, um sich den Anforderungen unserer Zeit anzupassen – und sicher fanden sich auch viele unserer Gäste in den, in Film gezeigten, Beispielen wider. Auf jeden Fall hielt er viel Stoff zur kontroversen Diskussion bereit.

 

Vertrauen statt Kontrolle – Vom Müssen zum Wollen

So tauschten sich die Teilnehmenden später in Gesprächsrunden darüber aus, inwiefern Vertrauen gegenüber Mitarbeitenden einen Vorteil im Vergleich zu der allseits praktizierten Kontrolle bringt. Und wie sich Vertrauen mit Qualitätsmanagement vereinbaren lässt.

„Wenn ein Mitarbeiter weiß, dass noch jemand kontrolliert, wird er sich nicht so viel Mühe geben. Wenn er für die Qualität selbst verantwortlich ist und merkt, dass das was er produziert, „Schrott“ ist, macht das ein schlechtes Gefühl. Er wird sich also mehr anstrengen“,

heißt es in einem Unternehmensbeispiel im Film ‚Augenhöhe‘.

 

Gemeinwohlökonomie

Entwicklungsspielräume mit der Gemeinwohlbilanz entdecken – Als attraktives Unternehmen sichtbar werden

Diskussionspotenzial bot auch unsere Keynote. Höher, weiter, schneller. Gewinnmaximierung, Erhöhung des Marktanteils, Shareholder-Value.

Im Studium der Betriebswirtschaftslehre sind das immer noch die Schlagwörter schlechthin. Doch sind diese Denkansätze heute überhaupt noch zeitgemäß? Die Märkte sind unlängst erschöpft. Wachstum passiert nur noch durch Verdrängung. Die Ressourcen der Erde sind begrenzt, die Arbeitskraft des Menschen endlich.

Maschinen ersetzen uns immer mehr – dennoch stehen Arbeitnehmende mit vielen Überstunden einer großen Gruppe von Arbeitslosen gegenüber. Es werden Millionen ins Marketing gesteckt aber die Mitarbeitenden erhalten nur Mindestlohn. Unternehmen müssen wirtschaftlich denken und Gewinne erzielen. Sie sind keine Umweltaktivisten und auch nicht die Wohlfahrt. Für das Gemeinwohl sind Politik und Ehrenamt zuständig. Oder?

Wirtschaft und Gemeinwohl – Geht das?

Die Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie zeigt, dass es geht. Diese besteht nicht nur aus Bio-Bauern und Umweltaktivisten. Die Sparda-Bank München, der Outdoor-Ausrüster Vaude oder auch die taz gehören wohl zu den bekanntesten Unternehmen die bereits eine Gemeinwohlbilanz erstellt haben. In dieser Bilanz wird nicht der Gewinn bzw. Umsatz, den das Unternehmen erwirtschaftet hat, bewertet. Betrachtet werden Faktoren der sozialen bzw. ökologischen Verantwortung zum Beispiel gegenüber Mitarbeitenden und Umwelt.

Die Bilanz weist also nach, dass die Menschenwürde, die Menschenrechte und die ökologische Verantwortung als Gemeinwohlwerte auch in dem Wirtschaftsbetrieb beachtet werden.

Der wahrscheinlich größte Mehrwert der Gemeinwohlbilanz ist der Prozess an sich. Da die Unternehmensvertreter_innen die Bewertung der Bilanzpunkte selbst vornehmen, werden sie sich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst. Sie werden sensibilisiert und angeregt den Einfluss, welchen sie in ihrer Position haben, geltend zu machen. Dadurch begeben sie sich in einen Reflexionsprozess der auf alle Bereiche ihres Handelns Einfluss nehmen wird.

„Was mich an der GWÖ persönlich begeistert ist, das diese Lernprozesse auf mehreren Ebenen sehr wirkungsvoll sein können: auf der Ebene der persönlichen Entwicklung, der Organisationsentwicklung und der gesellschaftlichen Entwicklung.“,

sagt unsere Referentin Anne Berg, zertifizierte Beraterin der Gemeinwohlökonomie.

 

Was hat das Unternehmen davon?

Der Prozess der Bewertung bis hin zur Bilanz ist anstrengend. Die fachliche Begleitung, wenn man eine wünscht, kostet Geld. Die Auditierung ebenfalls. Zudem werden möglicherweise Veränderungsprozesse im Unternehmen angestoßen, die wieder anstrengend sind. Warum also sollte ein Unternehmen sich einer solchen Prozedur unterziehen?

Zum Einen wird mittels der externen Überprüfung durch einen Auditor oder eine Auditorin sichergestellt, dass die Angaben nicht frei erfunden sind. Die Kundschaft wird immer kritischer und viele Unternehmen werden mit dem Vorwurf des „Greenwashings“ konfrontiert. Im Zuge des Employer Branding sprossen viele Unternehmensberatungen aus dem Boden die mit Marketingkonzepten viel versprochen haben, was die Unternehmen nicht halten konnten. Mit der Gemeinwohlbilanz können Unternehmen genau die Unternehmenskultur bewerben, die sie tatsächlich auch leben. Verbraucher_innen und  Kooperationspartner_innen werden gemeinwohlbilanzierte Unternehmen ebenso bevorzugen wie gemeinwohlorientierte Geldgeber_innen.

Zum Anderen werden eben gerade durch den anstrengenden Prozess der Selbstbewertung und -reflexion Potenziale sichtbar, die sonst verborgen geblieben wären.

So berichtete unsere Gastreferentin Katharina Gerull, Assistentin der Geschäftsführung bei der Ökofrost GmbH, dass sich die Bewerbendenqualität gesteigert hat seit die Gemeinwohlbilanz veröffentlicht wurde. Außerdem seien Effekte wie zum Beispiel Reduzierung des Krankenstandes und der Fluktuation sowie gesteigerte Mitarbeitendenzufriedenheit zu beobachten.

Regionale Angebote nutzen

Die gesamte Veranstaltung wurde begleitet von einer kleinen Ausstellung, welche die Anregungen aus dem Film und auch aus der Keynote, mit regionalen Angeboten verband.

  • So informierte die MVCon InnovationLab GmbH wie es möglich werden kann, Mitarbeitenden mithilfe der Software KapaflexCy – Vote2work und mobilen Endgeräten mehr Einfluss auf die Dienstplangestaltung zu geben. (www.mvcon-innolab.com)
  • Die Weiterbildungsdatenbank „Weiterbildung-mv.de“ zeigte, wie sie Unternehmen kostenfrei bei ihrer Personalentwicklung unterstützt. (www.weiterbildung-mv.de)
  • Das Netzwerk Arbeit und Gesundheit in MV informiere, wie es Unternehmen rund um das Thema „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ begleitet. (www.agnetz-mv.de)
  • Unternehmen, die eine Stelle besetzen wollen, für die Sie die „Eierlegende-Wollmilch-Sau“ suchen, nahmen sich Informationen zur Thematik „Job-Tandem“ mit. Hierbei teilen sich zwei Mitarbeitende mit ergänzenden Qualifikationen eine Stelle. ( www.tandemploy.com)
  • Nicht alle Produkte können ohne Weiteres umweltfreundlich produziert oder transportiert werden. Es ist aber möglich einen Ausgleich zu schaffen und den „ökologischen Fußabdruck“ zu verbessern. Zu diesem Thema standen Informationen zu „Streuobstgenussscheinen“ und „MoorFutures“ zur Verfügung. (www.streuobstgenussschein.de) (www.moorfutures.de)

 

Zum Ende der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit Themen zu benennen, welche sie gern in der nächsten Veranstaltung vertiefen möchten. Diese ist nämlich bereits in Planung. Anvisiert ist der Oktober 2016.